Othello Victory – ein eindeutiger Jahrgangsprimus

Vater alt, Mutter alt – wen kümmert’s?

Die Dreijährigen-Saison 2014 ist geschlagen. Tatsächlich hatte es zu Beginn des Rennjahres sehr lange gedauert, bis sich die ersten Vertreter des Jahrganges 2011 auf die Bahn wagten (siehe dazu auch diesen Artikel, irgendwie kam dann doch alles anders…). Dann ging jedoch alles sehr schnell und letztlich kristallisierte sich ein eindeutiger Jahrgangsprimus bzw. damit selbstverständlich auch Derbyfavorit für 2015 heraus: Othello Victory.

Othello Victory 2014 10 26

Othello Victory am 26. Oktober 2014 bei seinem Sieg im Anton Poschacher-Gedenkrennen
www.pferderennfoto.at

Dabei begann die Saison 2014 für den am 13. April 2011 geborenen, zweijährig qualifizierten (aber nicht gestarteten) Hengst aus Sicht der Zuchtrennen alles andere als erfreulich, im „Bürger” versprang er sich mit Christoph Fischer im Sulky früh um alle Chancen, während Lady Ford mit Franz Konlechner triumphierte. Danach nahm nur noch Trainer Gregor Krenmayr hinter dem Diamond-Way-Sohn Platz, mit dem er vorerst im Ypsilanti-Memorial im Magna Racino reüssierte. Im Badener Zucht-Preis verstolperte sich der Hengst im letzten Bogen, womit Mentor Venus (Johann Lichtenwörther) zu Zuchtrennlorbeer kam. Dann ging es allerdings für Othello Victory dahin, er gewann mit dem mit 50.000 Euro dotierten Frank Stronach Derby im Magna Racino sowie dem Anton Poschacher-Gedenkrennen (25.000 Euro) in der Wiener Krieau die zwei wichtigsten Dreijährigen-Prüfungen und überwintert als deutlicher Jahrgangsprimus sowie Derby-Vorausfavorit.

Das Pedigree von Othello Victory ist hochinteressant, führt es doch die für viele Züchter und Theoretiker scheinbar in Stein gemeißelte (vom Autor dieser Zeilen jedoch niemals unterstützte) Theorie ad absurdum, die besagt:

1. Alter Hengst: Mit zunehmenden Alter immer schwächere Nachkommen (oft auch in vermeintlichem Zusammenspiel mit nachlassender Fruchtbarkeit)

2. Alte Stute: Das beste Produkt ist fast immer unter den ersten drei Nachkommen anzutreffen, danach nimmt die Qualität ab.

Diamond Way 1985 07 07

Diamond Way am 7. Juli 1985
mit Heinz Wewering als Sieger
im Buddenbrook-Rennen

Foto: Heinz Freund

Ad 1: Diamond Way. Das Maß aller Dinge in der deutschen Traberzucht, als Deckhengst ebendort wohl für alle Zeit unerreicht, aufgrund seiner (auf den ersten Blick recht ((un))gewöhnlichen) Blutlinien ein genetisches Wunder. Auch für Österreich ein trefflicher Stallion, wenngleich er naturgemäß nicht die Qualität an Stuten bekam wie vor allem in Deutschland und da vor allem in seinem Heimatgestüt von Alwin Schockemöhle.

In seinem ersten österreichischen Jahrgang von 1987 brachte Diamond Way (dessen letzter Fahrer übrigens Konrad Spaderna war) mit Bubblegum Mystère sogleich einen Gewinner von über 100.000 Euro, danach folgten viele gute Nachkommen, zu einem Derbysieger hat es in Österreich allerdings noch nicht gereicht. Dies könnten Othello Victory (oder eventuell auch der Mautner-Sieger 2013, Eliot Venus) noch nachholen. Tatsache ist: Diamond Way war bei der Zeugung seines letzten Jahrgangs 2011 (also 2010) gar nicht mehr am Leben, der Grande starb 27-jährig 2009 (bis ein Jahr darauf ist Gefriersamen nicht mehr lebender Hengste bei der Besamung einsetzbar).

Ad 2: Auch die Mutter von Othello Victory, die 1996 geborene Victorya Blue, lebt nicht mehr. Ihr Star war auch der letzte ihrer sechs Nachkommen, 2011 war die Malhana-Sascha-Tochter bei Othello Victorys Geburt bereits 15 Jahre alt. Züchterin Sieglinde Maislinger aus Straßwalchen in Salzburg, die gemeinsam mit ihrem 2011 verstorbenen Mann Roman sowie deren Söhnen Wolfgang und Roman jun. seit vielen Jahren im Trabrennsport gegenwärtig ist, berichtet uns, dass nun Victorya Blues 2008 geborene Tochter Alexia Victory (v. Alesi OM) den Zuchtplatz ihrer Mutter eingenommen hat.

Istogramma Sasa 2009 07 12

Istogramma Sas beim Sieg in der Badener Meile im Juli 2009
www.pferderennfoto.at

Othello Victory stammt aus einer amerikanischen Mutterlinie (jener der um 1850 geborenen Dolly Forward), die neben diversen interessanten Pferden aus vielen Traberländern (im 20. Jahrhundert bis in die 70er vorrangig in Italien) weltweit wie etwa Indira Pit (v. Lord Pit) in Deutschland, Lurabo Blue (v. Sharif di Iesolo) in Italien, dann überraschend auch wieder in den USA mit Her Culese (v. Muscles Yankee), nachdem die Linie in Nordamerika praktisch nur mehr aus Pacern bestand, schon drei Derbysieger in Österreich brachte, allerdings alle aus derselben Stute (Fiona): Lee Roy Crown (v. Armbro Goal), Run for Whiskey (v. Chergon) sowie Non Plus Ultra (v. Cezio Josselyn). Einer der spektakulärsten Traber dieser Linie in letzter Zeit war wohl der Italiener Istogramma Sas (v. Diamond Way) in österreichischem Besitz des Stalles Antonshof, der auch für den Höchstpreis bei der Berliner Derby-Auktion 2014 dank seines Halbbruders Muscle Boy As (v. Muscle Hill) mit 130.000 Euro sorgte.

Nachstehend zwei Statistiken zum österreichischen Jahrgang 2011 per 26.10.2014. Insgesamt gab es in diesem Jahrgang lt. Österreichischem Geburtsregister 158 Fohlen (84 Hengste bzw. 74 Stuten).

3yr AUT


Der Artikel erschien in kürzerer Form in KRIEAU AKTUELL Nr. 21 v. 16. November 2014

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